Hector Berlioz
„Benvenuto Cellini“

 

Premiere

Zwischen Genialität und Kriminalität

„Nun gefiel es meinem glorreichen Herrn und unsterblichen Gott, dass ich meine Statue vollendete. Alsobald vereinigte sich eine solche Menge Volks davor, dass es nicht zu zählen war, und alle wetteiferten, das Beste davon zu sprechen. Der Herzog stand an einem niederen Fenster des Palastes, und so vernahm er, was man sagte.“ Erinnernd schrieb Benvenuto Cellini diese Worte, um den Moment festzuhalten, als in der Loggia dei Lanzi neben dem Palazzo Vecchio in Florenz die 3,20 Meter hohe Bronzefigur „Perseus und Medusa“ für Cosimo I. de Medici, den Herzog von Florenz, enthüllt wurde: ein überwältigendes Kunstwerk, das bis heute von unzähligen kunstinteressierten Tourist*innen begutachtet werden kann, von einem Künstler, der mit einem exzentrischen, aber auch kriminellen Leben nicht nur zu seiner Zeit die Menschen in seinen Bann gezogen hat.

Hector Berlioz’ Oper „Benvenuto Cellini“, die am 10. September 1838 in Paris uraufgeführt wurde, beschreibt während des römischen Karnevals 1532 einen Konkurrenzkampf zweier Künstler, die ein ganz unterschiedliches Kunstverständnis besitzen: Zum einen ist da der persönliche Bildhauer des Pontifex, Fieramosca, der vom päpstlichen Schatzmeister Balducci protegiert wird. Zudem soll Fieramosca nach dem Willen von Balducci der zukünftige Mann an der Seite seiner Tochter Teresa werden. Zum anderen gibt es den freigeistigen revolutionären Benvenuto Cellini, der unsterblich in Teresa verliebt ist und auf ihre Gegenliebe zählen darf. Daraus entwickelt sich ein rasantes Verwirrspiel, bei dem es während des römischen Karnevals – die Zeit zwischen Rosenmontag und Aschermittwoch 1532 – sogar zum Mord kommt. Am Ende sind alle Augen auf Cellini gerichtet. Wird er es schaffen, die bestellte „Perseus“-Statue zu gießen?

Ausgangspunkt für die Opernhandlung ist der soeben erwähnte florentinische Goldschmied und Bildhauer Benvenuto Cellini, der 1500 in Florenz geboren wurde. Benvenuto Cellini war umtriebig, streitsüchtig mit seinem Vater, anderen Künstlern, Förderern und Geistlichen, und trotzdem war sein Schaffen außergewöhnlich und wurde von allen bewundert. Auch seine Traktate über die Gusstechnik und Goldschmiedekunst und seine Lebenserinnerungen, die er begann, im Alter von 57 Jahren niederzuschreiben, und darin sogar auch schonungslos seine Verbrechen schildert, sind bedeutende Zeitdokumente.

Für den unvergleichbaren und höchst differenzierten Umgang mit den Instrumenten in seinem Orchester war Hector Berlioz bekannt und fand viele Bewunderer, unter anderem auch Richard Wagner. Die vielfältige Partitur beinhaltet sowohl großflächig angelegte Tableaus mit ihren mitreißenden Chorszenen als auch kammertheatrale Situationen, die einzigartig instrumentiert sind. Dadurch schafft er ein karnevaleskes Stimmungsbild, das seinesgleichen sucht. Obschon Berlioz’ Geniestreich lange die Spielpläne der Semperoper gefüllt hat, ist er nach der letzten Premiere 1929 von dort verschwunden. Nun kommt seine Oper in der sogenannte „Weimarer Fassung“, an der zu großem Teil Franz Liszt mitgewirkt hat, zurück.

Barbora Horáková, die hier an der Semperoper schon „Der goldene Drache“, „Die kahle Sängerin“ und „La traviata“ inszenierte, wird nun die letzte Premiere in der Intendanz von Peter Theiler zu verantworten haben. Sie interessiert sich für die Frage: Welche Eigenschaften wird der Künstler von morgen besitzen? In ihrer Lesart gibt es mindestens zwei Welten: die des spießigen päpstlichen Schatzmeisters Giacomo Balducci und seine Vorstellung von Tradition und Bekanntem, und die von Benvenuto Cellini, der neugierig nach der Zukunft forscht und risikofreudig alles auf eine Karte setzt. Aber auch die karnevaleske Atmosphäre wird nicht zu kurz kommen, die nicht passender die Spielzeit und die Intendanz von Peter Theiler vor der Sommerpause abschließen könnte.

 

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Text: Benedikt Stampfli

„Benvenuto Cellini“ von Hector Berlioz

Premiere: 29. Juni 2024

https://www.semperoper.de/ benvenuto-cellini

 

Mit freundlicher Unterstützung der Stiftung Semperoper - Förderstiftung

Barbora Horvaka  - © Prisca Netterer
Regisseurin Barbora Horáková Joly / ©Prisca Netterer

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